Gruppenausstellung im Museum Morsbroich, Leverkusen
[English below]
Yevgenia Belorusets
Zoya Cherkassky-Nnadi
Ira Eduardovna
Ahmet Doğu İpek
Jody Korbach
14.04.-25.08.2024
FINISSAGE mit Führung 25.08. | 14 Uhr
„Es gibt kein Wort, das sagen könntʾ, was ich fühlʾ …, wenn ich an meine Heimat denk“, singen die Kölner „Lokalpatrioten“ (Cat Ballou, Et jitt kein Wood, 2013). Ein Wort kann die starken Gefühle kaum fassen: Liebe und Stolz, vielleicht in Teilen auch Ablehnung, eine innige Verbundenheit. Doch mit was eigentlich? Fühlen wir uns vor allem über familiäre und soziale Kontakte verbunden, über den Herkunftsort oder den aktuellen Wohnort, über (schützenswerte oder romantisierte) Natur oder Tradition und Kultur, die gemeinsame Sprache und Literatur oder Fußball und Schützenverein? Die Frage, was „Heimat“ ausmacht, wird jeder anders beantworten. Heute bekommt diese Frage vor dem Horizont zahlreicher Krisen, mit denen Überschreitungen und Verschiebungen von Grenzen und der Verlust von Freiheit und Heimat einhergehen, zusätzliche Brisanz.
Vielen erscheint Heimat als etwas Selbstverständliches, solange es sich gut anfühlt, Geborgenheit und Orientierung vermittelt. Doch Heimat ist auch ein Akt der Selbstbehauptung und damit anfällig für Ausgrenzungen. Wo und wie wir unsere Heimat finden – in einer Stadt, einer Region, einem Land, in Europa oder der Welt –, wählen wir heute weitgehend selbst, wenn auch nicht ohne äußere Zwänge. Was geschieht, wenn Heimat als Bezugsrahmen infolge von Migration oder Entfremdung der Menschen von ihrer Umgebung bedroht ist oder verloren geht? Was braucht und was heißt es eine neue Heimat zu finden, einen oder auch mehrere Orte zu(r) Wahlheimat(en) zu machen?
Anders als ein Wort, ein verkürzender Begriff oder eine rationale Definition, nähert sich die Kunst den Aspekten von Heimat, den oft widerstreitenden Gefühlen von Zugehörigkeit und Abgrenzung, der Sehnsucht nach der alten Heimat und dem Zweifel an einer neuen Heimat auf vielschichtige Weise an. Die Ausstellung Es gibt kein Wort … – Annäherungen an ein Gefühl stellt beispielhaft fünf zeitgenössische künstlerische Positionen vor, die sich auf sehr unterschiedliche Weise mit dem Thema auseinandersetzen.
Wo wird so etwas wie „Heimat“ greifbar? Auf der Suche nach Orten, wo ein Wir-Gefühl entsteht, ist die in Dortmund aufgewachsene Künstlerin Jody Korbach (*1991 in Bielefeld, lebt in Düsseldorf) an die Fußball-Anhänger des BVB geraten. Sie hat kurzum an der Kunstakademie Düsseldorf einen eigenen Fanclub gegründet und das dortige Eiskeller-Fußballteam zu ihrer Heimat erklärt. Auf den Fanschals ist zu lesen: „Home is where your heart is“. Ein weiteres ungewöhnliches Kunstprojekt, ihr 2018 in der Tradition der Schützenvereine gegründeter Schützenkorps Europa macht sich zur Aufgabe „europäische Werte an den Stammtisch zu bringen und von dort aus zu verteidigen“. Mit teils beißendem Humor hält uns Korbach den Spiegel des Konservatismus vor Augen (Angie (Ein Leben lang), 2021) und nimmt die Wohlstandsgesellschaft mit ihrem stark ausgeprägten Bedürfnis nach Sicherheit aufs Korn (Mittelstandsmantra, 2022).
Dr. Friedrich Emslander, Kurator
Zur Ausstellung ist eine von mir gestaltete Edition [hier klicken] erschienen.
There is no word that can say what I feel … when I think of my home
(from songtext by Cat Ballou, Et jitt kein Wood, 2013)
One word cannot contain the strong feelings. Is it love, pride, sometimes even rejection? Is it an intimate bond with family, friends, with the place of origin or the place of residence, with nature, tradition, culture, with football and shooting clubs? Everyone will answer the question of what constitutes “home” differently.
Against the backdrop of current crises, it becomes even more explosive. What happens when home is threatened or lost by migration or alienation? What does it take and what does it mean to find a new home, to turn places into adopted homes?
Art approaches the aspects of home, the often conflicting feelings of belonging and demarcation, longing and doubt in a multi-layered way. Five contemporary positions encourage the viewer to engage with this theme.