JODY KORBACH

„Hans Schnier spielt nur noch Stadtteil-Feste“ Galerie Martinetz – Köln

Einzelausstellung

01.09.-13.10.2023

Ein Clown hat traurig zu sein, sonst ist er nichts wert. Ohne angemessenen Leidensdruck des Komikers verliert die Komik ihre Daseinsberechtigung als Kunstform. Menschen, die einen zum Lachen bringen, gibt es zuhauf. Erst wenn es der Person, die den Witz erzählt, richtig schlecht geht, erst dann wird der Witz zur Kunst. Und erst dann hat der Clown eine Persönlichkeit, die eine Beschäftigung mit ihm über den Bühnenrand hinaus rechtfertigt.

Die literarische Figur des traurigen Clowns erfreut sich bester Gesundheit und hat den Clown als Bühnenfigur längst überlebt. Während Horrorclowns als Internetphänomen des Jahres 2016 virale Videos produzierten und Joaquin Phoenix als Batman-Bösewicht “Joker” einer ganzen Generation an Edgelords einreden durfte, dass ihre aus zweitklassiger Popkultur zusammengeklauten Persönlichkeiten zu komplex für den Rest der Gesellschaft wären, ist der tatsächlich lustige Clown ein Anblick geworden, der nur noch Kindern auf Krebsstationen vorbehalten ist.

In die Liste der gebrochenen Clownsfiguren reiht sich auch Hans Schnier ein, der Hauptcharakter aus Heinrich Bölls Roman “Ansichten eines Clowns”, dessen Bühnenkarriere implodiert, nachdem er sich nach der Trennung von seiner Freundin dazu gezwungen sieht den Frust in einem See zu ertränken, der zu gleichen Teilen aus Alkohol und Selbstmitleid besteht. In der Person des Hans Schnier vereinigen sich das zu unrecht romantisierte Bild des traurigen Clowns mit dem des saufenden Künstlers zu einem Charakter, dessen Abbildung sich Jody Korbach mit ihrer Ausstellung “Hans Schnier spielt nur noch Stadtteil-Feste” widmet.

Die Einzelbestandteile von Jody Korbachs Arbeiten sind dabei unangenehm vertraut. Wie beim Refrain eines Böhse Onkelz-Songs ist man peinlich berührt davon, dass man die Motive nur allzu genau wiedererkennt. Die Vertrautheit mit dem Schwäbisch Hall-Fuchs, dem Sparkassen-Logo und den Biermarken macht uns zu dem, was wir eigentlich nicht sein wollen: sie macht uns deutsch. Nicht nur deutsch, sondern sogar 𝖉𝖊𝖚𝖙𝖘𝖈𝖍.

Sebastian Hotz, Comedyautor

Foto: Tamara Lorenz

A clown needs to be sad, otherwise it is worth nothing. Without an appropriate degree of suffering on the part of the comedian, comedy loses its right to exist as an art form. There are enough people who can make you laugh. Only when the person telling the joke is suffering badly does the joke become an art form. Only then does the clown possess a personality that justifies an interest in him or her beyond the confines of the stage.

The literary figure of a sad clown has enjoyed excellent health and long outlived the clown as an on-stage character. Whereas horror clowns were a viral internet phenomenon in 2016, and Joaquin Phoenix playing the Batman villain „The Joker“ was responsible for convincing an entire generation of Edgelords that their personalities, cobbled together from second-rate pop culture, were simply too sophisticated for the rest of society, the actual happy clown has become a sight reserved only for children on cancer wards.

Among the list of broken clown figures ranks Hans Schnier, the main character in Heinrich Böll’s novel “The Clown“, whose stage career implodes when, following the separation from his girlfriend, he feels obliged to drown his frustration in a lake made up of equal parts alcohol and self-pity. Hans Schnier’s person unites the unjustly romanticised image of the sad clown with that of the drunk artist to form the character that Jody Korbach’s exhibition „Hans Schnier only plays district festivals“ is dedicated to.

The single elements of Jody Korbach’s work are uncomfortably familiar. Like the chorus of a Böhse Onkelz song, we are embarrassed by the fact that we recognise the motifs all too clearly. Our familiarity with the Schwäbisch Hall fox, with the Sparkasse logo and the beer tokens is what makes us what we actually don’t want to be: it makes us German. Not just German, but 𝖉𝖊𝖚𝖙𝖘𝖈𝖍.

Sebastian Hotz, Comedy writer